Ende Januar hat sich Manne Lucha, grüner Gesundheitsminister von Baden-Württemberg und Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz der Länder in 2023, zu inhaltlichen Perspektiven für die Gesundheitsversorgung geäußert. Schön, dass er dabei auch die Männergesundheit in den Blick nehmen will. Nur schade, in welchem Ton das wieder mal passiert. Sein in diesem Zusammenhang platziertes Diktum über Männer als die größeren „Vorsorgeschlamper“ wurde medial breit aufgegriffen:
Eine auf das Geschlecht zugeschnittene Gesundheitsversorgung findet der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz wichtig – vor allem für Männer. „Es gehört auch zur Geschlechtermedizin dazu, dass wir den Bereich Männergesundheit nochmal deutlicher in den Fokus nehmen“, sagte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) in Stuttgart. Für eine geschlechtergerechte Medizin will Lucha den Blick auf Männer lenken. Dies sei vor allem bei der Vorsorge wichtig. „Männer sind die größeren Vorsorgeschlamper“, stellte der Grünen-Politiker fest. Durch ihre Lebensführung stellten sie „per se ein Gesundheitsrisiko für sich“ dar. Dem Minister zufolge neigen sie stärker als Frauen zu risikobehafteten Lebensweisen, trinken mehr Alkohol und ernähren sich häufig falsch. Lucha betonte, dass Männer daher gezielter informiert werden müssten über notwendige Vorsorge.
Quelle: Ärzteblatt
Was ist eigentlich ein Schlamper? Laut Lexikon eine schlampige männliche Person – Synonyme für schlampig sind: flüchtig, liederlich, nachlässig, nicht gewissenhaft / gründlich / sorgfältig, oberflächlich, ungenau, unordentlich, unsorgfältig, schludrig, schusselig. Na, da kommt ganz schön was zusammen – danke für die Blumen!
Kritischer an der Sache ist aber die leider auch in Fachkreisen immer noch verbreitete Verwechslung von Vorsorge („Gesamtheit von Maßnahmen, mit denen einer möglichen späteren Entwicklung oder Lage vorgebeugt, durch die eine spätere materielle Notlage oder eine Krankheit nach Möglichkeit vermieden werden soll“) und Früherkennung („Maßnahmen, um Krankheiten bereits im Frühstadium festzustellen, um durch eine möglichst frühe Therapie die Erkrankung zu heilen oder zumindest ein Fortschreiten zu verhindern“) sowie die kontrafaktische Behauptung, dass Männer Früherkennungsuntersuchungen signifikant seltener frequentieren würden als Frauen.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns als Netzwerk-Koordinierungsteam dazu entschlossen, neben dem geplanten Factsheet zur Lebenserwartungsdifferenz auch ein Factsheet zur Früherkennungsteilnahme von Männern vorzubereiten. Hoffen wir, dass es eine mindestens eben so hohe Resonanz erhält wie das Märchen vom Vorsorgeschlamper.
Leider ist es uns nicht gelungen, Herrn Minister Lucha dafür zu gewinnen, den aktuellen Vorsitz in der Gesundheitsministerkonferenz der Länder zu nutzen, um die im Bundesvergleich durchaus vorzeigbaren Aktivitäten im Länd Baden-Württemberg im Bereich Männergesundheit einmal schwerpunktmäßig darzustellen.